«Glanz und Kontemplation»
lautete der Name des musikalischen Projekts für das Jahr 2013. Es erklang Musik der Renaissance und unserer Zeit. Die Einbettung der einzelnen Werke folgte dabei der musikalischen Logik und verstärkte so die Aussagekraft und Wirkung des Dargebotenen.
Konzertmitschnitte des Projekts 2013
«Ein Dialog zwischen mindestens zwei Epochen. Monteverdis Zeit ist eine des Aufbruchs: Die Wahrnehmung des Einzelnen verändert sich, er sucht einen neuen Platz als Individuum in der Gesellschaft – im metaphysischen und sozialen Bereich des Denkens. Und für die heutige Zeit lässt sich dasselbe sagen – Wort für Wort!
Bildlich ausgedrückt sehe ich zwei Welten – wie zwei Räume, zwischen denen eine Türspalte offen steht … Man hört die Musik – mal von dort, mal von da. Man staunt über das Gehörte, man lässt sich gegenseitig inspirieren, man «antwortet» schliesslich.
Das Interessante dabei ist, dass die zeitliche Abfolge aufgehoben wird: Es gibt kein Vorher und Nachher, nur den Dialog, und man glaubt, dass auch Monteverdi von unserer Gegenwartsmusik gerade jetzt inspiriert wird.»
Bohdan Shved
Claudio Monteverdi (1567-1643):
Missa a 4 voci da cappella
Kern des Projekts ist die Missa a 4 voci da cappella von Claudio Monteverdi. Sie wurde 1641 als Teil der Sammlung «Selva morale e spirituale» veröffentlicht. Monteverdi war zu dieser Zeit Domkapellmeister in San Marco zu Venedig und konnte neben seinem Wirken als Schöpfer sakraler Musik auch auf eine Vielzahl von Opern zurückblicken, die im neu eröffneten Opernhaus zur Aufführung gelangten. Stilistisch steht Monteverdi zwischen der polyphonen Kompositionstechnik der früheren Renaissance (z.B. G. P. da Palestrina) und des späteren monodischen Stils des Barock. Seine Musik berücksichtigt den Sprachrhythmus und folgt weitgehend dem Duktus des Sprechens.
Zusammen mit den einzelnen lebendigen und spannungsvollen Sätzen der Messe waren Werke sowohl aus der Renaissance als auch von zeitgenössischen Komponisten zu hören. Ihr Charakter steht in engem Zusammenhang mit der Musik Monteverdis, sei es als Steigerung des Ausdrucks oder als dessen Kontrastierung.
Józef Swider (geb. 1930):
Pater noster
Józef Swider studierte Klavier, Komposition und Musiktheorie an der Musikakademie in Katowice, Polen, danach bei Goffredo Petrassi in Rom. Später kehrte er nach Katowice zurück, wo er über vierzig Jahre lang eine Professor für Musiktheorie und Komposition an der Musikakademie innehatte. Zudem leitete er die Abteilung für Musikpädagogik. Im polnischen Chorverband ist er als Komponist und Jury-Mitglied bei vielen Wettbewerben tätig. Swider ist Träger zahlreicher Auszeichnungen. Sein umfangreiches musikalisches Werk umfasst unter anderem über 200 Chorlieder.
Die Vertonung des Vater Unser für vier- bis achtstimmigen gemischten Chor a cappella mischt Musik mit Sprechgesang. Auf diese Weise wird an das repetitive Rezitieren von Gebeten angeknüpft.
Arvo Pärt (geb. 1935):
Magnificat und Da pacem Domine
Der 1935 in Estland geborene Komponist gilt als einer der bedeutendsten und erfolgreichsten Komponisten zeitgenössischer Musik. Pärt strebt in seiner fast ausschliesslich religiös motivierten Musik nach einem Ideal der Einfachheit, das die spirituelle Botschaft unterstützt. Er entwickelte seinen eigenen Musikstil, den er «Tintinnabuli» (Klingeln der Glocken) nennt: Einfache Harmonien, meist Dreiklänge und diese überlagernde Tonleitern bestimmen seine rhythmisch bewusst einfach gehaltenen Kompositionen.
Die Vertonung des Magnificat für gemischten Chor a cappella entstand im Jahr 1989. Maria lobpreist die Ankündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel. Das Magnificat ist einer der drei Lobgesänge des Lukasevangeliums. Das Friedensgebet Da pacem Domine schrieb Arvo Pärt im Auftrag von Jordi Savall. Er begann mit der Komposition wenige Tage nach den Bombenattentaten in Madrid im März 2004. In Spanien wird das Stück seither jeweils am Jahrestag zum Gedenken an die Opfer aufgeführt. Es gibt verschiedene Versionen des ursprünglich a cappella gesetzten Stücks, unter anderem auch rein instrumentale.
Morten Lauridsen (geb. 1943):
O magnum mysterium
Lauridsen wuchs als Sohn dänischer Einwanderer in den USA auf. Er hat seit 1972 einen Lehrstuhl für Komposition an der Thornton School of Music der University of Southern California inne. In den Jahren 1994 bis 2001 wirkte er als Composer in Residence des Los Angeles Master Chorale. Lauridsen wurde im Jahr 2007 mit der National Medal of Arts (USA) ausgezeichnet.
Der Text der Komposition O magnum mysterium lobpreist die wundersame Geburt Jesu und wurde verschiedentlich vertont, u.a. auch von zwei Vertretern der Renaissance, Gabrieli und Palestrina. Die 1994 entstandene Komposition von Lauridsen lehnt sich stark an die Methodik der Komponisten aus der Renaissance an. Dem Zuhörer wird so Gelegenheit eines vergleichenden Hörens bezüglich der genannten Epochen gegeben; er wähnt sich in der Vergangenheit und wird doch mit der Gegenwart konfrontiert.